Die Vokabel „jetzt“ findet im Duden die folgende Definition: „Jetzt“ bezeichnet einen mehr oder weniger eng begrenzten Zeitraum in der Gegenwart, in dem etwas eintritt, stattfindet o.Ä.; in diesem Moment, in diesem Augenblick.
In der Radiowerbung dürfte „jetzt“ die inflationärst genutzte Vokabel aller Zeiten repräsentieren. Heute Morgen um 7.55 Uhr wurden im Werbeblock meines Stammsenders drei Radiospot hintereinander gesendet, deren jeweils erstes Wort „Jetzt“ lautete. „Jetzt bei…“, „Jetzt für nur…“ und „Jetzt zugreifen…“ war dort zu hören. Spot 4 und 5 schafften es immerhin noch, den jeweils finalen Satz des Spots mit „jetzt“ einzuleiten.
Sicherlich soll die Verwendung von „jetzt“ verdeutlichen, dass aktuell der Zeitpunkt gekommen ist, an dem man zugreifen sollte oder kann. Doch wird diese Vokabel derart überstrapaziert, dass mir berechtigte Zweifel an der Kreativität und dem verfügbaren Wortschatz der Werbetexter im Land der Dichter und Denker kommen. Dabei hat unsere Sprache doch so viel zu bieten!
Betrachten wir Radiowerbung in den ihr zuzuordnenden Eigenschaften, so sticht eine ganz besonders heraus: Die Aktualität. Denn bei 99 Prozent der Angebote in Radiospots verhält es sich ebenso, wie bei Wetter und Verkehr – sie sind im Moment der Ausstrahlung aktuell. Immer hat Radiowerbung Bezug zu derzeit verfügbaren Angeboten oder Produkten. Radiospots funktionieren nicht wie die allmählich in Vergessenheit geratene Zeitungsanzeige. Verwies diese auf ein Angebot, das in mehr oder weniger ferner Zukunft verfügbar sein würde, so konnten man sich die Anzeigen ausschneiden und an die Pinwand hängen. Niemand würde jedoch auf die Idee kommen, Werbeblöcke aufzunehmen um sie bei passender Gelegenheit noch einmal anzuhören. Es ist also davon auszugehen, dass Angebote in der Radiowerbung absolute Aktualität haben.
Doch selbst, wenn man den von vielen Marketern gewünschten „Call to Action“ im Spot unterbringen muss, lassen sich bestimmt andere und vor allen Dingen kreativere Formulierungen finden. Man könnte den Zeitraum beispielsweise nach hinten einschränken und „jetzt“ ersetzen durch „nur bis…“, „aktuell…“ oder „für begrenzte Zeit…“. In jedem Fall jedoch würde man mit anderen Formulierungen mehr Vielfalt in den Werbeblöcken ermöglichen, sich stärker von anderen Spots abgrenzen können und somit höhere Aufmerksamkeit generieren.
Bei mir hat der Werbeblock heute früh jedoch nur eine Reaktion hervorgerufen: Ich gehe jetzt erstmal duschen!