Viele Werbetreibende verfallen mittlerweile beim Buzzword Programmatic Advertising in heillosen Aktionismus. Doch häufig ist noch nicht einmal geklärt, ob alle Voraussetzungen stimmen. Es kommt eben nicht nur darauf an, über Nutzerdaten zu verfügen. Auch sollte die Frage geklärt sein, wie und ob verfügbare Medien genutzt werden.
Seit einigen Monaten hat nun auch das Gerangel um die Vorherrschaft für Programmatic Advertising im Radio begonnen. Goldgräberstimmung wie einst in Nevada. Die Claims werden abgesteckt, die Teams vorbereitet.
Doch Radio gehört noch lange nicht zu den Medien, die für dieses Tool optimal genutzt werden können – oder könnten. Zwar ist auch die Radionutzung via Internet auf dem Vormarsch. Doch weiß man nicht, wer tatsächlich in den Genuss der gesendeten Botschaften kommt. Radio ist nach wie vor ein Begleitmedium. Es begleitet die Hörer parallel zu den unterschiedlichsten Tätigkeiten durch den Alltag. Selbst bei der Nutzung über das Smartphone ist nicht gewährleistet, dass auch der tatsächlich registrierte Nutzer direkt erreicht werden kann.
In den vergangenen Monaten haben wir etwas genauer hingehört und geschaut, wo Radio gestreamt wird. Darunter sind Wartezimmer bei Ärzten, Friseursalons, Restaurants, Physiopraxen, Fintess-Center und Großraumbüros. Angemeldet ist ein User, der sein Smartphone in die Dockingstation steckt und damit den Rest der Belegschaft, Kunden, Gäste und Patienten unterhält. Hat zum Beispiel die Prophylaxe-Assistentin in der Zahnarztpraxis den Account unter ihrem Namen angelegt, ist noch lange nicht sicher, dass sie selbst aktiv hört. Wird ins Wartezimmer gestreamt, wechselt die Hörerschaft im Viertelstundentakt. Soll Programmatic nun nach den persönlichen Interessen der Prophylaxe-Assistentin eingesetzt werden, verfehlt die Radiowerbung die Rezipientin.
Anders verhält es sich, wenn nicht ein Radiospot geliefert wird, sondern beispielsweise ein Banner. Dies würde dann sogar voraussetzen, dass die Empfänger auf ihr Display schauen. Da aber – wie zuvor beschrieben – Radio vorzugsweise begleitend genutzt wird, dürfte die Message auch hier in Nevada …äh …im Nirvana landen. Die Vorzüge von Programmatic werden im Radio noch lange nicht zufriedenstellend bedient. Dies begründet sich darüber hinaus durch die Tatsache, dass noch immer ein Großteil analoger Endgeräte im Einsatz sind.