Kennen Sie das: Es ist Samstagvormittag. Der Wochenendeinkauf steht noch aus. Langsam stellt sich der kleine Horror ein – rammelvolle Supermarktparkplätze, keine verfügbaren Einkaufswagen, elendige Schlangen vor Frischetheken und Kassen. Aber Halt! Es gibt ja noch den Biomarkt! Entspannung ist in Sicht.
Dabei könnte es dort eigentlich ganz anders aussehen. Das würden sich nicht nur die Betreiber von Biomärkten wünschen, sondern auch Biobauern, Großhändler und nicht zuletzt viele Politiker aus der grünen (aber mittlerweile etwas welken) Fraktion. Dies konnte ich vor nicht allzu langer Zeit sehr deutlich einer Gesprächsrunde entnehmen, der unter anderem Dieter Moor, Bärbel Höhn und namhafte Vertreter der Bio-Branche beiwohnten. Mein Einwurf, die Branche kommuniziere in die falsche Richtung, wurde von dieser illustren Runde beinahe sprachlos und erstaunt aufgenommen – mit Ausnahme von Herrn Moor, der clever genug ist, mit offenen Augen in die Welt zu schauen.
Seit 12 Jahren arbeite ich nun für Unternehmen der Öko-Wirtschaft. Gab es auch zwischendurch von einzelnen die Bereitschaft, sich in Radiospots humorvoll darzustellen, kehrte man doch sehr bald wieder zu der Methode des oberlehrerartig erhobenen Zeigefingers zurück. Mit der geballten Macht seines akademisch geprägten Intellekts, hat sich der Aufklärungstrupp eines ganzen Wirtschaftszweiges aufgemacht, die Bevölkerung mit besserwisserischen Kampagnen zu überziehen. Im Radio klingt das beinahe, wie ein akustischer Kreuzzug gegen alle, die sich nicht freiwillig zu Bio bekennen. Da muss in 25 Sekunden viermal das Wort „Bio“ fallen und zwischendurch noch durch Attribute wie „natürlich“ oder „ökologisch erzeugt“ oder „fair gehandelt“ unterstrichen werden.
Davon ausgehend, dass spätestens zur Zeit der Tschenobyl-Katastrophe 1986 ein neues Bewusstsein für die gesunde Ernährung entstand, sollte man doch meinen, dass Bio-Unternehmen und Verbände allmählich im 21. Jahrhundert ankommen dürften. So sah ich dann auch einigermassen erstaunte Gesichter, als ich in eingangs erwähnter Diskussionsrunde meine Ansicht darlegte, wonach es an der Zeit sei, den Konsumenten Bioprodukte als „sexy“ zu präsentieren. Selbstverständlich würde ich dies nicht im wörtlichen Sinne umgesetzt wissen wollen. Nichts ist überholter, als die Gurke mittels irgendeines erotischen Kalauers feilzubieten. Vielmehr dürfte man sich ein Beispiel an fremden Branchen nehmen und den Gedanken „Bio! Ich bin doch nicht blöd“ ein wenig weiterdenken. Spätestens, wenn die Bios dieser Welt in der Lage sein werden, sich einer neuen Kommunikationsform zu öffnen, wird es auch kein allzu großes Problem mehr darstellen, die höheren Kosten für Bio-Lebensmittel zu kommunizieren. Immerhin kommt es für den Verbraucher auf das selbe heraus, ob er nun beim Discounter zum Schnäppchenpreis 2,5 Kilogramm Kartoffeln kauft, von denen er später zwei Drittel ausgekeimt wegwirft – oder ob er im Biomarkt für den gleichen Geldbetrag eine geringere Menge einkauft, die er gänzlich konsumieren kann und damit etwas zum ökologischen Gleichgewicht unseres Planeten beiträgt.
Fakt ist: Würde sich die Bio-Branche endlich einmal etwas lockerer geben und eine massentaugliche Kommunikation zulassen, wäre damit nicht nur ihr selbst gedient.
Übrigens: Frau Höhn versprach mir im Anschluss an die Gesprächsrunde, den Vorschlag in entsprechenden Gremien zu diskutieren. Bleiben wir gespannt!